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Die Dos and Don‘ts der Präsentation bei Fotoredakteuren

Was solltest du tun, wenn du eine Foto-Story präsentierst, und was solltest du dabei unbedingt vermeiden? Vier erfolgreiche Fotoredakteure geben wichtige Tipps.
Eine Auswahl an Bildern aus den Portfolios von Studierenden auf einem Tisch ausgebreitet.

Das Canon Student Development Programm bietet Vorträge, Workshops und Coachings mit einigen der erfahrensten und einflussreichsten Branchenvertretern von heute. Auf diesem Foto ist eine Auswahl an Bildern aus den Portfolios von Studierenden auf einem Tisch ausgebreitet, damit sie von den Experten geprüft werden können. Fotos in diesem Artikel, für die kein anderer Urheber angegeben ist, fallen unter das Copyright von © Paul Hackett.

Fotoredakteure erhalten jeden Tag Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte von E-Mails mit Vorschlägen für Fotoreportagen. Wenn du eine Idee hast – oder vielleicht bereits ein Projekt begonnen oder sogar abgeschlossen hast –, weißt du dann, wie du es zur Veröffentlichung bringen kannst?

Die Präsentation von Fotos bei Redakteuren einer Website, Zeitung, Zeitschrift oder Agentur kann ein einschüchternder Prozess sein. Wir haben mit den vier Fotoredakteuren Magdalena Herrera, Thomas Borberg, Francis Kohn und Fiona Shields gesprochen. Sie verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in der Sichtung von Fotos, der Vergabe von Aufträgen und der Bewertung von Portfolios.

Diese wichtigen Branchenkenner waren entweder Mentoren oder Referenten beim Canon Student Development Programm 2020 (CSDP), bei dem 230 Schüler und Studierende von mehr als 100 Schulen und Universitäten wertvolle Tipps und Ratschläge für eine Karriere im Fotografiebereich erhielten.

Wir haben sie gefragt, was man tun kann, um seine Erfolgschancen bei der Präsentation einer Foto-Story zu verbessern.

Richtig: Sag etwas Neues

„Wenn du eine Story zu einem bestimmten Thema vorschlägst, musst du etwas Neues dazu zu sagen haben“, sagt Herrera. „Du kannst dich nicht nur deswegen mit einem Thema beschäftigen, weil es dir gefällt oder du dich dafür interessierst. Du musst zeigen, warum es wichtig ist, diese Story zu erzählen. Du musst verdeutlichen, welche Besonderheiten dieser Story du hervorhebst, die wir noch nicht gesehen haben.“

Falsch: Sei nicht zu spezifisch

„Ich erhalte täglich viele Storys, die bei Geo eingereicht wurden, und häufig zeigen die Bilder nur einen sehr kleinen Bereich. Wenn ich mir diese Bilder ansehe, ist mir oft nicht klar, wo wir gerade sind – die Fotografen zeigen direkt die Menschen oder die Aktivität. Wir sehen keinen Kontext, also nicht die Häuser, die Straßen oder die Umgebung, in der die Menschen leben. Für unsere Art von Dokumentations-Story musst du so viele visuelle Elemente wie möglich einbringen. Das heißt, ein vollständiges Projekt besteht aus Bildern der Umgebung, Porträts, Detailaufnahmen und verschiedene Perspektiven.“

Magdalena Herrera. Foto von Ahmed Hayman.

Magdalena Herrera

Herrera hat 10 Jahre lang als Art Director und Leiterin der Fotoabteilung bei National Geographic France gearbeitet, bevor sie 2009 als Director of Photography bei Geo France einstieg. Sie war Vorsitzende des World Press Photo Contest und gibt Workshops und Seminare, die von World Press Photo organisiert werden. Portrait © Ahmed Hayman
Zwei Tänzerinnen in Gewändern und Kopftüchern strecken vor einer blauen Hütte die Arme aus, um sich zu umarmen. Im Hintergrund steht eine Reihe von Fahnenmasten.

Shirin Abedi, ein deutsch-iranischer Fotojournalist, war einer der Schützlinge der Mentorin Magdalena Herrera beim Canon Student Development Programm. Eine Auswahl an Bildern aus den Storys ihrer Schützlinge ist in einem neuen von Canon herausgebrachten Buch mit dem Titel „Encourage“ zu sehen. Dieses Bild aus Abedis Dokumentationsreihe „May I Have This Dance?“ über eine Balletgruppe aus Teheran im Iran zeigt zwei Mitglieder der Gruppe, die für ein Foto für die sozialen Medien posieren. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 5D Mark IV) mit einem Canon EF 35mm f/2 IS USM Objektiv, Verschlusszeit 1/100 Sek., Blende 1:2 und ISO 3200. © Shirin Abedi

Richtig: Präsentiere deine Idee bei der richtigen Publikation

„Fotografen sollten sich immer die Zeit nehmen, um die Publikation kennenzulernen, an die sie sich mit ihrem Projekt werden“, sagt Borberg. „Manchmal erhalte ich eine unpersönliche E-Mail mit einer Idee, die an einen beliebigen Empfänger gerichtet ist – eine Zeitschrift, eine Zeitung oder sogar einen Buchredakteur. Ich würde dann gern sagen: „Wenn du schon meine Zeit in Anspruch nimmst, dann bitte mit etwas, das du genau bei mir drucken oder veröffentlichen lassen willst, nicht bei irgendjemandem.“

Falsch: Verschwende nicht die Zeit der Bildredakteure

„Ich will nicht arrogant klingen, aber meine Zeit ist kostbar. Ich erhalte im Schnitt zwischen fünf und zehn Geschichten pro Tag. Wenn ein Fotograf also eine Geschichte einreicht, die nicht einmal zur Hälfte fertig ist, z. B. 40 Bilder, die ich sichten muss und bei denen eindeutig noch keine Redaktion erfolgt ist, landet sie direkt im Papierkorb. Ich bin nicht da, um ihre Geschichte zu redigieren. Das sollten sie selbst tun“, sagt Thomas.

„Aber ich mag es, wenn die Leute einen konstruktiven Ansatz verfolgen. Beispielsweise wenn ich sie ablehne und sie dann fragen: ‚Was hätte ich tun können, damit diese Geschichte für Sie interessant ist?‘ Vielleicht liegt es an der Bearbeitung, vielleicht am Zeitpunkt oder an etwas anderes. Ich gebe gerne Tipps, damit sie sich weiterentwickeln können, weil das für uns beide hilfreich ist.“

Thomas Borberg. Foto von Paul Hackett.

Thomas Borberg

Borberg war als Lehrer für Fotojournalismus, Prüfer und Gastdozent, Redakteur für Buchprojekte und Jurymitglied bei führenden Fotowettbewerben tätig. Derzeit ist er Photo Editor-in-Chief bei der Zeitung Politiken in Dänemark.

Richtig: Stelle klar dar, was du tun möchtest

„Als AFP Photo Director habe ich hauptsächlich mit fest angestellten Fotografen zusammengearbeitet, die ich bereits kannte. Mit ihnen konnte ich mich zusammensetzen und Ideen besprechen. Es gab jedoch auch Fotografen außerhalb der Agentur, die uns Geschichten vorschlugen. Dabei habe ich immer nach jemandem gesucht, der eine Idee klar und professionell präsentieren konnte“, so Kohn. „Der Vorschlag muss präzise sein, und wenn ich den Fotografen nicht kenne, sollte er einige Fotos beilegen. Nicht notwendigerweise zum Projekt selbst, sondern ihrer allgemeinen Arbeit [um mir eine Vorstellung seines typischen Stils und Ansatzes zu vermitteln]. Als Fotoeditor spürt man sehr schnell, ob eine Geschichte funktioniert oder nicht.“

Falsch: Schlage keine unpraktischen Ideen vor

„Es ist gut, wenn mir ein Fotograf eine kreative Idee präsentiert, von der ich noch nicht gehört habe – eine andere Herangehensweise an ein Thema, die meine Aufmerksamkeit erregen wird“, sagt Kohn. „Aber die Geschichte muss auch machbar sein. Manchmal bitten Fotografen dich um eine Geschichte, die ein wenig verrückt und praktisch nicht gut durchdacht ist. Das Budget ist ebenfalls ein Problem, aber wenn es sich um eine gute Geschichte handelt, lässt sich das diskutieren.“

Francis Kohn. Foto von Paul Hackett.

Francis Kohn

Ab 1979 berichtete Francis für die Agence France-Presse (AFP) über Konflikte in Zentralamerika und Mexiko. Später wurde er Chefredakteur, danach von 2012 bis 2017 Photo Director für AFP. Er war im Jahr 2016 Juryvorsitzender der World Press Photo Awards.
Ein Schwarz-Weiß-Bild, auf dem Pilger zu sehen sind. Viele halten Kerzen in den Händen und lehnen sich nach vorne, um die Füße einer riesigen Statue in der Grotte „Our Lady of Lourdes“ in Ghana zu berühren.

Der in Ghana lebende Nipah Dennis, ein weiterer Teilnehmer am Canon Student Development Programm, den Herrera als Mentorin betreute, hat dieses Bild im Rahmen seiner Story „Coming to Maria“ aufgenommen. Diese Bilder wurden bei einer dreitägigen Reise zur Grotte „Our Lady of Lourdes“ aufgenommen – einem christlichen Pilgerort in der Volta Region in Ghana. „Ich hielt diese Story für einen guten Startpunkt und ermutigte ihn, diesen Ort noch einmal zu besuchen und die Geschichte weiterzuentwickeln“, sagt Herrera. Aufgenommen mit einer Canon EOS 6D (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 6D Mark II) mit einem Canon EF 24mm f/1.4L II USM Objektiv mit einer Verschlusszeit von 1/60 Sek., Blende 1:3,5 und ISO 5000. © Nipah Dennis

Falsch: Sende keine Download-Links

„Die Bilder sollten leicht zugänglich sein, z. B. als PDF-Anhang. Wenn ich die Dateien erst von WeTransfer oder Dropbox herunterladen muss und sie dann auch noch keine Bildunterschriften haben, ist das für mich einfach extrem aufwändig. Eine PDF-Datei ist einfach“, so Shields. „Es ist wichtig, Bildunterschriften anzugeben, damit wir wissen, um wen, um was, um welchen Ort und um welche Zeit es sich dreht. Dann kann ich schnell eine Entscheidung über die Qualität der Arbeit und die Relevanz der Geschichte treffen, und wir können fortfahren.“

Richtig: Nutze den Pyramidenansatz

„Ich erhalte täglich rund 250 E-Mails. Ich bin von dieser Flut vollkommen überwältigt, also muss eine Präsentation wirklich auf den Punkt sein“, sagt Shields. „In einem Managementkurs habe ich gelernt, wie man die Aufmerksamkeit einer sehr beschäftigten Person erregt: Beginne mit einer Überschrift, stelle ein paar Zusatzinformationen bereit (nur ein paar Zeilen), und dann kannst du weiter unten im Text mehr ins Detail gehen. Es ist schwer, einen von uns am Telefon zu erwischen. Wenn du jedoch nichts von mir hörst, bedeutet das in der Regel nicht, dass ich unhöflich bin oder dein Projekt ablehne, sondern dass ich deine E-Mail noch nicht gelesen habe. Ich würde vorschlagen: vorsichtig anklopfen.“

Fiona Shields. Foto von Paul Hackett.

Fiona Shields

Shields ist Picture Editor und Head of Photography beim Guardian in Großbritannien. Davor sammelte sie über zwei Jahrzehnte lang Erfahrung in der Bildbearbeitung für Nachrichten wie den arabischen Frühling, die Terroranschläge vom 11. September und die wachsende Flüchtlingskrise.

Verfasst von David Clark and Emma-Lily Pendleton


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