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Friede und Schwangerschaft: Catalina Martin-Chico dokumentiert den Babyboom unter den ehemaligen Aufständischen Kolumbiens

A heavily pregnant woman sits on a chair next to a man lying on a bed, her top rolled up to expose her stomach. They are in a brightly-lit room decorated with colourful posters and a shelf unit holding cosmetics bottles and small stuffed toys.
Catalina Martin-Chico gewann den Canon Female Photojournalist Award 2017 für ihre Dokumentation über frühere FARC-Guerillakämpfer, die sich im mittlerweile friedlichen Kolumbien ein neues Leben aufbauen. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark IV mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv. © Catalina Martin-Chico

Neun Monate, nachdem sie einen Babyboom unter ehemaligen Rebellinnen in Kolumbien dokumentiert hatte, kehre Catalina Martin-Chico in eines der Dschungellager zurück.

Die spanisch-französische Fotografin finanzierte ihre Reise nach Kolumbien mit dem Preisgeld für den Canon Female Photojournalist Award 2017 im Rahmen des Festivals Visa pour l'Image in Perpignan, Frankreich. Die vom Magazin Elle unterstützte jährliche Auszeichnung wird an „eine herausragende Fotografin in Anerkennung ihres Beitrags zum Fotojournalismus“ verliehen. Martin-Chico erhielt ein Preisgeld von 8.000 €, mit dem sie die Entwicklung einer neuen Serie vorantrieb, die sie dann beim Visa pour l'Image International Festival of Photojournalism 2018 präsentieren wird.

Ihr preisgekröntes Projekt war dem Leben von ehemaligen weiblichen Mitgliedern der linken kolumbianischen Miliz FARC gewidmet, die nach einer historischen Waffenstillstandsvereinbarung mit der Regierung im Juni 2017 offiziell ihre Waffen ablegte. Ihr Bildmaterial dokumentiert den Friedenprozess und die Wiedergeburt der Nation anhand des Anstiegs der Schwangerschaften unter den ehemaligen Rebellinnen. Nachdem es den Kämpferinnen während des 53 Jahre andauernden Kriegs verboten war, Kinder zu bekommen, wurden gleich 300 der ehemaligen Mitglieder schwanger. In diesem Interview erzählt uns Martin-Chico alles über ihr Projekt.

A young woman applies makeup in a mirror in front of an open window, through which can be seen a parched landscape, with a satellite dish in the mid-ground and dense forest in the distance.
Martin-Chico verbrachte zunächst zwei Wochen in drei FARC-Lagern und kehrte neun Monate später wieder zurück, um die Veränderungen des Alltags zu dokumentieren. Etwa die Hälfte der ehemaligen Kämpfer hatte die Lager bereits verlassen. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark IV mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv. © Catalina Martin-Chico
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„Nur Monate nach der Unterzeichnung der Friedensvereinbarung wurden viele Kämpferinnen schwanger“, erklärt Martin-Chico. „Es kam zu einem regelrechten Babyboom in den Gemeinden, der so schnell verlief, dass die Babys rechtzeitig geboren wurden, um die Waffen zu ersetzen.“ Als sie von dieser einzigartigen Geschichte erfuhr, wusste Martin-Chico, dass sie die Frauen selbst treffen wollte. Also finanzierte sie selbst ihre erste Reise nach Kolumbien im Mai 2017, wo sie zwei Wochen in drei FARC-Lagern im ganzen Land verbrachte.

„Es war mir wichtig, dorthin zu gehen, bevor sie die Waffen zurückgaben, was für Ende Mai geplant war, damit ich ein Gefühl für den Kontext entwickeln konnte. Sie lebten im Dschungel in Zelten und trugen Uniform – eben das Leben von Guerillakämpfern. Viele Frauen waren schwanger, also suchte ich mir einige Personen aus und folgte ihnen.“

A young woman cradles her child to her breast; she stands on a muddy track in a dense jungle with tents on both sides.
Während ihres 53 Jahre andauernden Kriegs verbot die FARC ihren weiblichen Mitgliedern, Kinder zu bekommen. Seit dem Friedensabkommen gab es jedoch einen regelrechten Babyboom: etwa 300 ehemalige Guerillakämpferinnen wurden schwanger. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-105mm f/4L IS USM Objektiv. © Catalina Martin-Chico

Als Martin-Chico mit ihrer Canon EOS 5D Mark III und EOS 5D Mark IV in die Bergcamps zurückkehrte, konnte sie sehen, wie die Frauen sich ein neues Leben schufen. „Es war erstaunlich, wieder dort zu sein. Ich erkannte den Ort kaum wieder. Beim ersten Mal musste ich mit drei verschiedenen Bussen fahren und dann durch die Berge gehen. Jetzt war der Ort über die Straße zu erreichen. Es gab keine Zelte oder Uniformen mehr, dafür aber Häuser und ein Restaurant. Die Organisation des Lebens hatte sich völlig verändert.“

Etwa die Hälfte der Kämpfer hat die Lager mittlerweile verlassen, sodass sie sie auch in ihren neuen Häusern fotografieren konnte. Einige leben bei ihren Eltern, einige durchstreifen das Land auf der Suche nach verlorenen Verwandten, wieder andere arbeiten in der Landwirtschaft oder leben anonym in Dörfern, in denen die Leute nichts über ihre Vergangenheit wissen.

„Ich konnte alle Protagonisten in ihrem neuen Leben verfolgen, was der Geschichte in meinen Augen Sinn verleiht“, so Martin-Chico. „Als ich ankam, dachte ich, wie perfekt es doch war, dass ich dieses Projekt in zwei Teilen durchführe.“

A young man lovingly lifts an infant with both hands to kiss it; he is standing in a clearing in a dense jungle with a crowd of tents in the background.
Genauso wie den Müttern, denen Martin-Chico in ihren Storys folgt, beschert der Frieden den ehemaligen Kämpfern ein neues Leben. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 35mm f/1.4L USM Objektiv. © Catalina Martin-Chico

Im Rahmen dieses unglaublich persönlichen Projekts baute Martin-Chico enge Beziehungen zu ihren Protagonisten auf, blieb mit ihnen über Textnachrichten in Kontakt und hielt sich über ihre wachsenden Familien auf dem Laufenden. Während des langen Bürgerkriegs und des Kinderverbots für FARC-Kämpferinnen wurden viele der Frauen zu Abtreibungen gezwungen oder mussten ihre Babys nach der Geburt abgeben. Yorladis, eine der Frauen, erzählte Martin-Chico von dem Trauma, das sie auf ihrem Weg zur Mutterschaft erlitten hatte.

„Sie war im achten Monat schwanger und sagte mir: ‚Ich habe dieses Baby wirklich verdient‘“, erzählt Martin-Chico. „Es war ihr erstes Baby, aber schon ihre sechste Schwangerschaft.“ Alle ihre fünf Schwangerschaften während des Guerillakriegs im Dschungel endeten mit einer Abtreibung. Sie hatte versucht, ihre letzte Schwangerschaft von ihren Befehlshabern zu verheimlichen, und trug dank der Hilfe anderer Kommandanten ihrer Division besonders große Uniformen, wenn der Führungsstab in der Nähe war. Eines Tages jedoch traf ein Befehlshaber unerwartet ein. Als er sah, dass sie schwanger war, schickte er sie zu einer Krankenschwester, die eine sehr späte Abtreibung im sechsten Monat durchführte.

„Sie erzählen diese Geschichten nicht dramatisch und stellen sich nicht als Opfer dar. Das finde ich besonders unglaublich“, so Martin-Chico. „Ich fragte, ob sie wütend auf die Institution oder die Befehlshaber waren, aber sie sagten, dass sie immer noch stolz sind, der FARC anzugehören, und wussten, dass eine Schwangerschaft gegen die Regeln war. Ihnen wurde von Anfang an gesagt: ‚Wenn du herkommst, dann beachte, dass dies eine Armee ist, und eine Armee hat keine Kinder‘.

A young woman sits with both legs drawn up beside her at the end of a camp bed, next to another young woman lying casually on her back with one leg resting on the wooden wall behind.
Liliana besucht ihren Bruder Jairo und ihre Schwägerin Dayana, zwei FARC-Veteranen, die sich im Dschungel niedergelassen haben, um dort zu überleben. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark IV mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv. © Catalina Martin-Chico

Das Beste, was einem geschehen konnte, wenn man schwanger wurde, war die Möglichkeit, das Kind zu entbinden. Dann konnte man das Baby möglicherweise bei der Großmutter lassen, wenn man noch Kontakt zu ihr hatte. Das war jedoch ziemlich selten, da sie keine Mobiltelefone hatten und es für diese Frauen sehr gefährlich war, mit der Familie in Verbindung zu bleiben. Wenn das Militär erfahren hätte, dass eines der Familienmitglieder zur FARC gehörte, wäre die ganze Familie in Gefahr. Andere mussten ihr Baby in den Dörfern lassen und sind jetzt auf der Suche nach diesen Kindern.“

Zusätzlich zu diesem Projekt führte ihre Arbeit Martin-Chico dieses Jahr nach Pennsylvania (USA), wo sie das Leben der Amish dokumentierte, in die Bretagne (Frankreich), wo sie während des Winters Teenager in ländlichen Gebieten besuchte, sowie in die Dominikanische Republik und nach St. Martin in der Karibik, wo sie die Folgen der Hurrikane Irma und Maria fotografierte.

Doch Kolumbien bleibt ihre Herzensangelegenheit, da „sich die Geschichten in meinem Kopf immer weiter bewegen“. Hinzu kommt eine Bedrohung für den zerbrechlichen Frieden durch die Wahl eines neuen Präsidenten, der sich in seiner Kampagne gegen den Friedensvertrag und die FARC aussprach. „Ich wollte den Fortschritt des Friedens bis zum Ende verfolgen“, sagt sie. „Es wird sehr interessant, zu sehen, was die Zukunft für sie bereithält.“

Verfasst von Lucy Fulford


Catalina Martin-Chicos Ausrüstung

Die Ausrüstung, die Profis für ihre Fotos verwenden

Photographer Catalina Martin-Chico stands inside a tent with her arm around a female Iranian nomad and holding a camera. Both smile.

Kameras

Canon EOS 5D Mark IV

Diese Vollformat-DSLR mit 30,4 MP erfasst unglaubliche Details selbst bei extremem Kontrast. Reihenaufnahmen mit 7 Bildern/Sekunde helfen dabei, den perfekten Moment abzupassen, während 4K-Video hochauflösendes Filmmaterial im DCI-Standard (4096 x 2160) liefert.

Canon EOS 5D Mark III

Dies ist eine 22,3 MP Vollformat-Spiegelreflexkamera mit 61-Punkt-Autofokus und Reihenaufnahmen mit bis zu 6 B/s, die eine manuelle Steuerung aller Einstellungen ermöglicht und über einen integrierten HDR-Modus verfügt.

Objektive

Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM

Dieses professionelle Standard-Zoomobjektiv bietet eine hervorragende Bildschärfe und robuste Qualität der L-Serie. Dank der konstanten Blende von f/2.8 können Sie herausragende Fotos selbst bei wenig Licht aufnehmen und die Schärfentiefe mit Leichtigkeit steuern.

Canon EF 24-105mm 1:4L IS USM

Dieses Standard-Zoomobjektiv bringt Sie bei Foto- und Videoaufnahmen weiter. Es eignet sich hervorragend für Aufnahmen mit außergewöhnlicher Bildqualität über einen erweiterten Zoombereich hinweg und ist trotzdem ein leichter Begleiter auf Reisen.

Objektiv-

Canon EF 35mm f/1.4L II USM

Diese klassische Brennweite ist bei Dokumentarfotografen sehr beliebt und bietet eine Weitwinkelansicht mit einer natürlichen Perspektive. Das Öffnungsverhältnis von 1:1,4 macht dieses Objektiv zu einer idealen Lösung für Freihandaufnahmen bei ungünstigen Lichtverhältnissen.

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