PORTRÄT

Tipps für Porträtfotografie: Erlernen des Handwerks und der Kultur

Porträtfotograf Horst Friedrichs verrät Emma Bentley, die gerade ihr Kunststudium beendet hat, in einem zweitägigen Workshop die Erfahrungen aus seiner Karriere.
Zwei lächelnde Menschen, die an einem Tisch sitzen, auf dem eine Canon EOS R6 liegt. Hinter ihnen hängen verschiedene gerahmte Schwarz-Weiß-Drucke an einer Ziegelwand.

Die Hochschulabsolventin Emma Bentley (links) lernte beim zweitägigen Workshop mit Profi-Fotograf Horst Friedrichs (rechts), dass Porträtfotografie nicht nur im Studio und im Auftrag von großen Marken oder für die Schönen und Reichen stattfindet. Aufstrebende Fotografie-Studenten sollten dieses Format keinesfalls außen vor lassen. Die Porträtfotografie hat noch eine andere Seite, die ebenso lohnenswert und von Bedeutung ist – das Dokumentieren der Öffentlichkeit. Egal, ob Musikszenen, Fußballfans oder Marktstand-Besitzer, bei dieser Fotodisziplin geht es um die Welt da draußen, die zum Studio wird. © Horst Friedrichs

Die Porträtfotografie ist eine komplexe Mischung aus Vorbereitung, technischen Fertigkeiten und zwischenmenschlichen Fähigkeiten. Diese Arbeit ist nicht nur künstlerisches Schaffen, wie auch Profifotograf Horst Friedrichs bescheinigt. Es ist eine wichtige historische Aufgabe, denn man fängt Charaktere ein, die Menschheitsgeschichte schreiben.

Studenten und angehende Fotografen müssen sich jedoch keinesfalls davon abschrecken lassen, wenn ihnen kein professionelles Studio oder Beleuchtungszubehör zur Verfügung steht. Während des Wochenend-Workshops von Emma Bentley mit Friedrichs wurde die Welt zu ihrem Studio, und die Passanten waren ihre Modelle. Erfahre mehr über ihren Workshop und ihre Tipps für professionelle Porträtfotografie.

Schwarz-Weiß-Porträt eines älteren Herrn in Lederjacke.

Friedrichs war dem britischen Rocker-Milieu für seine „21st Century Rockers“-Serie auf der Spur und fotografierte dabei Rocker auf Parkplätzen sowie in Pubs, Cafés und Billardhallen. Er sagt: „Als Fotograf kannst du den Moment ausnutzen, ein Foto aufnehmen und danach bist du wieder weg. Ich schreibe aber immer eine E-Mail, um mich zu bedanken. Das ist eine Frage des Respekts.“ Aufgenommen mit einer EOS-1Ds Mark II (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS-1D X Mark III) und einem Canon EF 50mm f/1.2L USM Objektiv, Verschlusszeit 1/80 Sek., Blende 1:5,6 und ISO 320. © Horst Friedrichs

Eine rothaarige Frau mit langen Locken auf einer belebten Straße, die mit ihren Händen eine Kamera von Canon hochhält.

Dieses Porträt von Bentley nahm Friedrichs auf, während die beiden gemeinsam durch die Straßen von London zogen. „Das Fotografieren in den Straßen von Camden war interessant wegen all der Kulturen und Besonderheiten“, erzählt Bentley. „Zunächst schüchterten mich die vielen Menschen etwas ein, aber Horst sorgte dafür, dass ich mich schnell besser fühlte und in Sachen Bildkomposition sicherer wurde. Dabei unterhielten wir uns über die die verschiedenen Aspekte der Street-Fotografie.“ © Horst Friedrichs

Grundlagen der Porträtfotografie

Friedrichs ist schon lange im Geschäft und arbeitete u. a. für National Geographic, The New York Times und The Independent. Und er hatte sie schon alle für Porträts vor seiner Linse: Robbie Williams, Peter Gabriel, auch Tony Blair und Bill Gates sowie Stephen Hawking. Obwohl er sich mit Auftragsarbeiten einen Namen machte, sind es doch seine langfristigen Buchprojekte mit Dokumentationen über Subkulturen und Architektur, die seine Leidenschaft deutlich erkennen lassen. Der in London lebende Friedrichs erkundet seit Jahrzehnten unterschiedlichste Szenen und Kulturen, um deren Charaktere einzufangen – von den Sufis in Pakistan bis zu den Mods und Rockern des britischen Undergrounds.

Im zweitägigen Workshop lernte Bentley die Grundlagen der Porträtfotografie. Dabei erklärte ihr Friedrichs alles Wichtige über Kamerabedienung, Belichtung und Bildkomposition, bevor sie sich der komplexeren menschlichen Seite von Porträtarbeiten widmeten. Bentley verwendete im Workshop eine Canon EOS R6 und ein Canon RF 14-35mm F4L IS USM Objektiv, die Friedrichs sehr beeindruckten.

„Die Kamera ist klein und leicht und fühlt sich wirklich gut an in der Hand. Das haptische Erlebnis ist sehr wichtig. Wenn sich eine Kamera für mich nicht gut anfühlt, habe ich ein Problem. Einige Kameras sehen aus wie Waffen und verschrecken die Menschen. Die EOS R6 kommt mit ihrem Retro-Look um einiges freundlicher daher.“

Bentley nahm am gemeinsamen Projekt Class of 2021 von Canon und The Drum teil. Sie ist auf die künstlerische Leitung von Werbeprojekten und auf kreative Strategien spezialisiert und gewann den zweitägigen Workshop mit Friedrichs im Rahmen des Programms.

Ein Techniker mit weißen Handschuhen reinigt den Sensor einer Canon Kamera.

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Nahaufnahme zweier Getränkespender, gefüllt mit leuchtend roten und blauen Flüssigkeiten. Beide mit Griffen, auf denen „PULL“ zu lesen ist.

Friedrichs erklärte Bentley, dass man das Wesen einer Subkultur nur dann erfasst, wenn man sich nicht nur auf das Fotografieren des Charakters konzentriert, sondern auch die Orte einbezieht, an denen sich ihre Anhänger treffen. Aufgenommen mit einer Canon EOS R6 mit einem Canon RF 14-35mm F4L IS USM Objektiv bei 34 mm, Verschlusszeit 1/100 Sek., Blende 1:4,5 und ISO 100. © Emma Bentley

Blumen neben einem Hauseingang.

Bentley ist sehr glücklich über die Chance, von Friedrichs die Dos and Don‘ts der Fotografie von Subkulturen gelernt zu haben. „Es geht darum, zu wissen, wie man Momente in der Begegnung mit Subkulturen mit einer Kamera nicht stört“, erklärt sie. Aufgenommen mit einer Canon EOS R6 mit einem Canon RF 14-35mm F4L IS USM Objektiv bei 23 mm, Verschlusszeit 1/60 Sek., Blende 1:4,5 und ISO 10000. © Emma Bentley

Am ersten Tag ging es für die beiden Fotografen um Landschaftsfotografie, Street-Fotografie und Porträts in einem Londoner Park. Die wichtigste Lektion für Bentley bestand darin, zu beobachten, wie Friedrichs Menschen ansprach und mit Humor und Energie punktete. Bentleys gutes Auge für interessante Winkel und Positionen fiel Friedrichs sofort auf: „Sie hat das gewisse Etwas. Sobald sie die Grundlagen der Belichtung drauf hatte, war sie bei der Bildkomposition recht sicher unterwegs.“

Am zweiten Tag stand zunächst erneut Street-Fotografie im Londoner Stadtteil Camden auf dem Plan, bevor es weiter ging zu einem ganztägigen Event mit Ska-Musik. Bei diesem wirklich einzigartigen Fotoerlebnis hatte Bentley die Gelegenheit, tief in eine lebendige Subkultur einzutauchen, dem erfahrenen Profi über die Schulter zu schauen und eigene Aufnahmen zu machen.

Dabei kamen die Canon EOS R6 und das Canon RF 14-35mm F4L IS USM so richtig zum Zuge. Dank des kleinen und unaufdringlichen Gehäuses der EOS R6 konnten Friedrichs und Bentley ihre Bilder in der knisternden und intimen Atmosphäre auch bei extrem wenig Licht aufnehmen. „Was mir die Augen geöffnet hat, war die Empfindlichkeit der Kamera und des Objektivs. Dass man bei dieser Dunkelheit dennoch fotografieren kann, war wirklich beeindruckend“, sagt Friedrich. „Ich nutze normalerweise keinen Zoom, aber mit diesem raffinierten und scharfen Objektiv war es ein Riesenspaß.“

Schwarz-Weiß-Porträt eines sitzenden Motivs, angelehnt an den Stamm eines großen Baums.

Ein Teil des Lernprozesses fand in einem Londoner Park statt, den Friedrichs für Bentley als Location aussuchte. „Dort übte ich, wie man sich nach einer markanten Bildkompositionen umschaut und gewöhnte mich an den Umgang mit der Kamera“, erklärt sie. „So machte ich mich mit der Kamera und meiner Technik vertraut.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS R6 mit einem Canon RF 14-35mm F4L IS USM Objektiv bei 35 mm, Verschlusszeit 1/80 Sek., Blende 1:22 und ISO 3200. © Emma Bentley

Die Perspektive der Studentin: Bentleys Tipps für Porträtfotografie

1. Die richtige Ansprache

„Horst ist einfach sehr natürlich“, sagt Bentley über die Art und Weise, wie Friedrichs mit seinen Motiven umgeht. „Es sind die kleinen Dinge, z. B. die Ruhe, die er ausstrahlt, während er auf die Menschen zugeht und sich ihnen vorstellt. Alle, die wir getroffen haben, waren sehr freundlich und bereit für ein Gespräch. Dabei öffneten sie sich immer mehr und konnten sich vorstellen, sich fotografieren zu lassen. Sei einfach natürlich und zeige Interesse für die Kultur der Menschen, die du mit deinen Bildern einfangen möchtest.“

2. Geh nah ran und sei persönlich

Das Canon RF 14-35mm F4L IS USM Objektiv sorgt für ein schönes, weiches Bokeh und bleibt auch bei weit geöffneter Blende gestochen scharf. Dank seines nützlichen Brennweitenbereichs kannst du näher heranzoomen, weswegen Bentley angehenden Porträtfotografen nur raten kann: „Geht näher ran! Man kann mit einer guten Kamera-Objektiv-Kombination so viele Details erfassen. Also, nur Mut, geht mitten hinein“, sagt sie.

3. Wissen, wann man loslassen muss

„Man braucht eine gute Antenne für die Stimmung. Diese Person war damit einverstanden, auf der Tanzfläche fotografiert zu werden. Nach einer Weile wurde sie jedoch immer aggressiver“, erklärt Bentley. „Ich sah, wie Friedrichs zunächst noch versuchte, ihn zu fotografieren, dann aber doch schnell Abstand nahm. Er erklärte mir, dass das manchmal notwendig ist, um die Magie des Ganzen nicht zu verderben.“

Ein Mann in blauem Hemd, sitzend auf einem Rad eines roten Sportwagens in einer mit Blättern gesäumten Straße.

Für Friedrichs ist es einfach wichtig, zu versuchen, dass das Fotografieren als Vorgang ein positives Erlebnis ist. „Ich sorge dafür, dass sich die Menschen mit der Kamera wohlfühlen. Ich schenke ihnen einen Moment und das Gefühl, wichtig zu sein“, erläutert er. Dieses Porträt stammt aus Friedrichs Buch „SPEED“, das in Zusammenarbeit mit Canon entstand. Es ist eine Hommage an zwei Jahrzehnte britischer Subkulturen mit Mods, Rockern, Bikern, Motorrädern und Oldtimern. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 5D Mark IV) und einem Canon EF 85mm f/1.4L IS USM Objektiv, Verschlusszeit 1/320 Sek., Blende 1:2 und ISO 320. © Horst Friedrichs

Die Perspektive des Profis: Friedrichs Tipps für Porträtfotografie

1. Sei auf alles vorbereitet

„Mache deine Hausaufgaben, denn oftmals hast du nur eine Chance. Bevor es ums Fotografieren geht, musst du viel über die Person, die Gruppierung oder die Bewegung lesen, die du dokumentieren möchtest.“ So beschreibt Friedrichs, was seiner Erfahrung nach zu den redaktionellen Pflichten gehört. „Mitunter sind es Menschen, die gegen das Establishment sind und genau wissen möchten, wofür die Aufnahmen gedacht sind und um was es geht. Ein anderes Mal möchtest du vielleicht sehen, wie andere Fotografen vorgegangen sind, um dich schließlich für einen völlig anderen Ansatz zu entscheiden.“

Friedrich empfiehlt außerdem, sich vor dem Shooting die Location anzusehen, damit es später nicht an praktischen Dingen scheitert. „Wo kann ich parken? Wie sieht es mit der Stromversorgung aus? Wer kümmert sich um Make-up und Frisur? Gute Porträtfotografen wissen all dies, bevor sie einen Fuß aufs Set setzen.“

Eine junge Frau hält gedruckte Postkarten im A5-Format in der Hand, auf denen ihr Porträt und Exemplare ihrer Arbeit zu sehen sind. Hinter ihr befindet sich eine Backsteinwand, an der gerahmte Schwarz-Weiß-Drucke hängen.

Class of 2021: Die Liebe von Studierenden für das Drucken neu entfachen

Entdecke, wie eine personalisierte gedruckte Postkartenmappe Absolventin Emma Bentley den Einstieg in ihre Karriere erleichtert hat.

2. Arbeite mit dem Licht…

„Du musst über die Lichtverhältnisse nachdenken. Oder sogar, falls möglich, die Location aufsuchen und mithilfe eines Licht-Doubles herausfinden, wie das Licht wirkt.“

So der Ratschlag von Friedrichs, der sich selbst als Licht-Jäger beschreibt und der sagt, dass der Schlüssel für das ultimative Bild manchmal darin liegt, das Motiv in oder um eine Lichtquelle herum zu positionieren. „Das kann den Unterschied zwischen einer eher ausdruckslosen Reportage und einem fantastischen Porträt ausmachen.“ Manchmal lohnt es sich einzugreifen, ein anderes Mal zerstört man damit die Magie des Moments. Wenn man gut vorbereitet ist (oder zumindest die Person lange genug von allen Seiten betrachtet hat), kann man sich auf sein Bauchgefühl verlassen und eine Entscheidung treffen.

3. …oder ändere das Licht

Der Einsatz von natürlichem Licht oder Dauerlicht ist eine gute Option, da man mit dem elektronischen Sucher einer Canon EOS R6 in Echtzeit belichten kann. Friedrichs ermutigt Porträtfotografen jedoch auch dazu, kreativ zu werden und Zubehör mitzubringen, um das Licht nötigenfalls zu manipulieren – mit professionellen oder selbst gebastelten Lichtmodifikatoren.

„Füge deinem Equipment Transparentpapier oder gar Frischhaltefolie aus deiner Küche hinzu, um bei Bedarf Highlights zu setzen oder das Licht zu streuen,“ empfiehlt er.

4. Denke langfristig

Sofern du nicht zu einem Auftragsjob geschickt wirst, empfiehlt Friedrichs, immer ein Langzeitprojekt im Kopf zu haben. „Ich rate allen Studenten und angehenden Profis Folgendes: Ihr braucht ein Langzeitprojekt. Einige Projekte verfolge ich schon 12 Jahre lang, es können aber auch 12 Monate oder mehr sein. Denkt einfach langfristig. Damit erschaffst du etwas, mit dem du einen Preis gewinnen kannst oder was sogar in einem Buch enden könnte.

„Einzelbilder... Ich weiß nicht. Man kann damit zwar vielleicht 120.000 Follower auf Instagram generieren, aber darauf bin ich nicht neidisch. Für mich ist das eine vergängliche Modeerscheinung. Hört lieber auf euch selbst, überlegt euch, was ihr wollt, und macht daraus ein starkes Projekt.“

Jack Fittes

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