MAKROFOTOGRAFIE

Entdecke die verborgene Welt der Insekten

Lüfte mithilfe einiger Expertentipps die Geheimnisse winziger Lebewesen.
Nahaufnahme einer braunen Springspinne.

„Bevor ich mit der Makrofotografie anfing, war ich ehrlich gesagt kein großer Fan von Insekten“, sagt der französische Fotograf Pierre Anquet. „Jetzt denke ich aber, dass sie sehr schön sind, wenn man sich die Zeit nimmt, genau hinzusehen.“

„Ich fing an, Landschaften und Porträts zu fotografieren, aber dann sah ich ein Video des amerikanischen Makrofotografen Thomas Shahan, und das war‘s: Ich habe mich einfach in die Makrofotografie verliebt“, sagt er.

Unglaubliche Nahaufnahmen kommen einem wie das Spezialgebiet erfahrener Fotografen mit der teuersten Ausrüstung vor – aber man kann tatsächlich auch mit kleinen Budgets viel erreichen. Man kann bereits mit dem Kit-Objektiv im Nahbereich einiges ausprobieren, bevor man auf ein spezielles Makroobjektiv aufrüstet.

1. Kreative Nahaufnahmen mit dem Kit-Objektiv

Eine Gottesanbeterin hängt an einem Blatt.

Bei Makroaufnahmen kommt es nicht darauf an, wie nah man am Motiv ist, sondern auf die Vergrößerungsstufen. „Wenn man Nahaufnahmen machen will, aber nicht das Budget für ein Makroobjektiv hat, ist dieses Zoom eine gute Alternative für wirklich interessante Aufnahmen“, sagt Pierre. Aufgenommen mit einer EOS 90D und einem EF-S 18-55mm f/4-5.6 IS STM Objektiv bei 55mm, 1/3.200 Sek., F5.6 und ISO 640. © Pierre Anquet

Obwohl ein echtes Makroobjektiv eine unglaubliche Vergrößerung bietet, kann man mit dem Standardzoom nah genug fokussieren, um hervorragende Aufnahmen von größeren Insekten zu machen.

„Für diese Aufnahmen habe ich eine Gottesanbeterin namens Empusa gefunden“, erklärt Pierre. „Das Insekt ist etwa 3-4 cm lang, so dass ich den gesamten Bildausschnitt mit dem Canon EF-S 18-55mm f/4-5.6 IS STM Objektiv nutzen konnte. Die größte Herausforderung besteht darin, nah genug an das Insekt heranzukommen, um es zu fotografieren – ich empfehle deshalb, früh aufzustehen, da sie in der Morgendämmerung weniger aktiv sind.“

Die Objektive EF-M 28mm f/3.5 Macro IS STM und EF-S 35mm f/2.8 Macro IS STM verfügen über integrierte Makro-Ringlichter für interessante und kreative Lichteffekte, die man von den Profis kennt. Eine tolle Sache für den Einsteiger.

Als Alternative zum Autofokus erzielt Pierre die maximale Vergrößerung, indem er das Objektiv auf die längste Brennweite zoomt, auf manuellen Fokus umschaltet und den Fokussierring bis zur minimalen Fokusentfernung dreht. Dann bewegt er die Kamera sanft vor und zurück, um das Motiv scharf zu stellen.

Pierre bevorzugt Aufnahmen ohne Stativ, obwohl das bei Makroaufnahmen sehr nützlich ist, da jegliches Verwackeln der Kamera verhindert wird. „Die sind viel zu groß und stehen mir im Weg. Das 18-55-mm-Objektiv ist perfekt für Aufnahmen aus der freien Hand, da es sehr klein ist, und der Bildstabilisator ist dabei echt nützlich.“

2. Abbildungsmaßstab 1:1 mit dem Makroobjektiv

Nahaufnahme einer orange-braunen Spinne auf einem Ast.

Pierre nahm das EF-S 60mm f/2.8 Macro USM Objektiv, um eine Springspinne zu fotografieren: „Sie war kleiner als die Gottesanbeterin, aber das erlaubte mir, mehr von der Umgebung in die Aufnahme einzubeziehen.“ Aufgenommen mit einer EOS 90D und einem EF-S 60mm f/2.8 Macro USM bei 1/250 Sek., F8 und ISO 500. © Pierre Anquet

Nahaufnahme einer Gottesanbeterin, die an einem Ast hängt.

Pierre verwendete für einige seiner Bilder das so genannte „Focus-Stacking“. „Die höchste Anzahl von Aufnahmen, die ich für einen einzelnen Fokus-Stack gemacht habe, war 28. Die Gottesanbeterin befand sich auf einem Ast, und ich wollte das gesamte Insekt im Fokus haben. Indem ich viele Aufnahmen machte und die Kamera bewegte, bekam ich den Kopf, die Beine und den Körper in den Fokus.“ Aufgenommen mit einer EOS 90D und einem EF-S 60mm f/2.8 Macro USM Objektiv bei 1/250 Sek., F9 und ISO 200. © Pierre Anquet

Ein kompaktes und gestochen scharfes Objektiv wie das Canon EF-S 60mm f/2.8 Macro USM ist ein großartiger Einstieg in die Welt der Makrofotografie. Es ermöglicht eine lebensgroße Darstellung des Motivs im Maßstab 1:1 auf dem Sensor, wenn es auf die minimale Fokusentfernung eingestellt wird. Alle Details entsprechen auf dem Kamerasensor der gleichen Größe wie in Wirklichkeit.

Eine Sache, die man bei Nahaufnahmen beachten sollte, ist die extrem geringe Schärfentiefe. Die Verwendung kleinerer Blenden, wie z. B. F11 und F16, erhöht zwar die Schärfentiefe, reduziert aber auch die Lichtmenge, die zum Sensor gelangt. Dies erfordert eine längere Belichtungszeit, was zu unscharfen Bildern führen kann, wenn sich die Kamera oder das Motiv während der Aufnahme bewegt.

Um dem entgegenzuwirken, kann man den ISO-Wert erhöhen, um eine kürzere Belichtungszeit wählen zu können. „Mit der EOS 90D kann ich problemlos bis zu ISO 2.000 gehen. Aber man muss das Bild richtig belichten – wenn man nachträglich in der Bildbearbeitung versucht, die Helligkeit anzupassen, bekommt man eventuell Bildrauschen.“

Eine Nahaufnahme vom Kopf eines Büffelbaumhüpfers mit einem Wassertropfen darauf.

Pierre empfiehlt die Verwendung eines Speedlite bei einer 3-5-fachen Vergrößerung. „Das Hauptlicht ist immer noch die Sonne“, sagt er. „Aber mit dem Blitz gibt es ein kleines Extra, um das Motiv hervorzuheben.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS 60D (inzwischen abgelöst durch die Canon EOS 90D) und einem Canon MP-E 65mm f/2.8 1-5x Macro Photo Objektiv sowie einem Speedlite 430EX II bei 1/250 Sek., F10 und ISO 400. © Pierre Anquet

Focus-Stacking ist eine beliebte Technik bei der Makrofotografie, um die Schärfentiefe zu erhöhen. Dafür macht man mehrere Aufnahmen mit identischem Bildausschnitt, bei denen jeweils der Fokuspunkt manuell verändert wird. Die scharfen Bereiche jedes Bildes werden dann in der Software kombiniert, um ein Foto mit mehr Schärfe zu erstellen.

Die Canon EOS 90D verfügt über die kamerainterne Funktion „Fokus-Bracketing“, mit der man automatisch die Aufnahmen macht, die für eine Fokusreihe in Canon Digital Photo Professional erforderlich sind. „Mit etwas Übung ist das ganz einfach“, erklärt Pierre. „Ich wähle den Serienbildmodus, lege den Fokus manuell auf den nächstgelegenen Teil des Motivs und bewege die Kamera dann langsam näher an das Insekt heran, während ich eine Reihe von Aufnahmen mache.“

3. Noch größer mit einem Spezialobjektiv

Nahaufnahme einer springenden Spinne auf dem Boden.

Das Canon MP-E 65mm f/2.8 1-5x Macro Photo ist ein einzigartiges Objektiv, mit dem man Motive in bis zu 5-facher Lebensgröße auf dem Sensor abbilden kann. Aufgenommen mit einer Canon EOS 90D und einem Canon MP-E 65mm f/2.8 1-5x Macro Photo Objektiv bei 1/250 Sek., F9 und ISO 800. © Pierre Anquet

Eine Makroaufnahme vom Gesicht einer Gottesanbeterin.

Das MP-E 65mm Objektiv ist sehr vielseitig, schwärmt Pierre. „Bei 1-facher Vergrößerung füllt man das Bild mit einem größeren Insekt wie einem Schmetterling oder einer Zikade. Und dann geht man auf 5-fache Vergrößerung, um sehr kleine Insekten aufzunehmen.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS 90D und einem Canon MP-E 65mm f/2.8 1-5x Macro Photo Objektiv bei 1/160 Sek., F8 und ISO 2.000. © Pierre Anquet

Eine genaue Fokussierung ist bei einer 5fachen Vergrößerung extrem wichtig, da auch jeder Fehler vergrößert dargestellt wird. Um die Genauigkeit beim Fotografieren von Insekten zu gewährleisten, kontrollierte Pierre das Bild über das große rückseitige Display der Canon EOS 90D. „Ich kann manuell heranzoomen und genau sehen, wo der Fokus liegt“, sagt er. „Zuerst drehe ich den Ring am Objektiv, um die Vergrößerung einzustellen, dann gehe ich näher an das Motiv heran, und wenn ich auf dem Display sehe, dass alles perfekt fokussiert ist, mache ich die Aufnahme.“

Man kann zuhause mit der Makrofotografie starten und alltägliche Gegenstände fotografieren – sei es ein Muster im Teppich oder eine Zimmerpflanze auf der Fensterbank, bevor man zu den anspruchsvolleren Insektenaufnahmen übergeht.


Verfasst von Marcus Hawkins

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