Praktisch ausgestorben: die letzten nördlichen Breitmaulnashörner

Für Paolo Pellegrin war es ein unvergessliches Shooting, bei dem er eine Tierart fotografierte, die vom Aussterben bedroht ist. Er verrät die Geschichte hinter diesem Projekt und bespricht, warum bei Bildern, mit denen die seltensten Tiere der Welt gewürdigt werden, das Motto „Weniger ist mehr“ lautete.
In einem mit einer Canon EOS R5 von Paolo Pellegrin aufgenommenen Schwarz-Weiß-Foto liegen zwei nördliche Breitmaulnashörner und ein südliches Breitmaulnashorn im Schutzgebiet Ol Pejeta in Kenia unter einem großen Busch.

Der renommierte Fotojournalist Paolo Pellegrin reiste zum Schutzgebiet Ol Pejeta in Kenia, um die letzten Breitmaulnashörner der Welt – Najin und Fatu – zu fotografieren. In einigen der Nashornfotos sind beide zusammen mit einem südlichen Breitmaulnashorn zu sehen. Im Gegensatz zu den nördlichen Breimaulnashörnern gibt es einen gesunden Bestand an südlichen Breitmaulnashörnern. „Mutter und Tochter stammten aus einem Zoo und wurden ausgewildert“, erklärt Paolo. „Dieses Nashorn machte sie mit allem vertraut.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 24-70mm F2.8L IS USM Objektiv bei 35 mm, Verschlusszeit 1/400 Sek., Blende 1:7,1 und ISO 125. © Paolo Pellegrin

Anfang dieses Jahres verbrachte Paolo Pellegrin fünf Tage im Schutzgebiet Ol Pejeta-in Kenia und fotografierte dort die Nashörner. „Diese Story schien einfach alles zu umfassen“, erklärt er. „Es handelt sich um wilde Tiere, sie sind wunderschön, die zweitgrößten [auf dem Land lebenden] Säugetiere der Welt und die letzten zwei ihrer Art.“ Wenn du dir diese Bilder von Najin und Fatu ansiehst, dann siehst du eine Welt, die bald nicht mehr existiert.

Diese beiden nördlichen Breitmaulnashörner sind die letzten ihrer Art auf der Welt. Grund dafür sind der Verlust ihres Lebensraums und die Wilderei. Diese Tiere wurden früher und werden auch heute noch wegen ihrer Hörner gejagt. Nach dem Tod des letzten männlichen Nashorns im Jahr 2014 wird es kein nördliches Breitmaulnashorn mehr geben, das auf natürliche Weise geboren wird. Es werden jedoch Anstrengungen unternommen, um ihre DNA zu erhalten. In Paolos minimalsten, monochromen Fotos und Videos kannst du das Ausmaß ihrer Zwangslage erkennen. Gleichzeitig vermitteln die Aufnahmen aber auch die Kraft, das Staunen und die Anmut, die die Arbeit mit diesen außergewöhnlichen, 3.000 kg schweren Tieren mit sich bringt.

„In unserem Alltag werden wir nicht mit wilden Tieren konfrontiert“, so Paolo. „Manche von uns besitzen vielleicht eine Katze, aber das ist etwas völlig anderes.“ Paolo ist Mitglied von Magnum und ein renommierter Fotojournalist. Er hat mehrere Preise für seine Bilder von Konflikten und Naturkatastrophen auf der ganzen Welt gewonnen. In letzter Zeit widmete er sich mehr ökologischen Storys. Er fotografierte schmelzende Gletscher, Vulkane und sah diese geologischen Phänomene als ein lebendigendes, atmendes Ganzes.

Ein Ranger steht hinter einem nördlichen Breitmaulnashorn. In einem mit einer Canon EOS R5 von Paolo Pellegrin aufgenommenen Schwarz-Weiß-Foto sind nur die Silhouette des Rangers sowie der Rücken und Bauch des Nashorns gegen den Himmel sichtbar.

Die Beziehung zwischen den Rangern des Schutzgebiets und den Tieren war nicht nur aus logistischer Sicht wichtig. Sie half dem italienischen Fotojournalisten dabei, eine Verbindung zu den Tieren aufzubauen und war gleichzeitig ein Motiv in seinen Bildern. „Wir sind dort und versuchen, aus ihnen schlau zu werden, die Tiere tun jedoch genau dasselbe“, verriet ein Ranger Paolo. Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 28-70mm F2L USM Objektiv bei 70 mm, Verschlusszeit 1/5300 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 125. © Paolo Pellegrin

Verbindungen aufbauen

Um diese Bilder aufnehmen zu können, musst Paolo das Vertrauen der Nashörner gewinnen. „Alles ist sehr langsam, sehr überlegt“, sagt er. „Du liegst auf dem Boden und versuchst, sie an deine Anwesenheit zu gewöhnen. Du kommst ihnen jeden Tag ein Stücken näher und dringst in ihren geistigen Raum ein. Als Fotograf ist es deine Absicht, unsichtbar zu werden oder in einer Situation zu verschwinden. Sichtbarkeit erzielst du jedoch durch extreme Sichtbarkeit, durch Präsenz und eine Verbindung.“

Zwei Ranger, die eng mit den Tieren zusammenarbeiten und in einigen Bilder vorkommen, unterschützten ihn beim Aufbauen der Verbindung. „Sie haben die fast spirituelle Verbindung aufgebaut“, verrät Paolo. „Es war toll, diese wortlose Kommunikation mit Gesten und sehr subtilen, gezielten Bewegungen mitanzusehen.“

Der leise Auslösemodus seiner Canon EOS R5 war auch eine große Hilfe. „Ich war am Boden und kroch praktisch Stück für Stück näher an sie heran“, erinnert er sich. Für diese perfekte Stille, die durch jede Ablenkung hätte gestört werden können, „war der leise Auslösemodus entscheidend“.

Die EOS R5 ist Paolos erste Wahl und bot ihm noch weitere Vorteile. „Sie ist klein, was in Sachen Gewicht und Präsenz der Kamera einen echten Unterschied ausmacht“, fährt er fort. „Die Dateien sind meiner Meinung nach außergewöhnlich und der Fokus ist der echte Wahnsinn. Du kannst den Fokus fixieren und beide Augen von Menschen oder Tieren nachverfolgen oder alternativ zwischen den Augen wechseln. Diese Funktion ist echt beeindruckend.“

Ein Techniker mit weißen Handschuhen reinigt den Sensor einer Canon Kamera.

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In einem mit einer Canon EOS R5 von Paolo Pellegrin aufgenommenen Schwarz-Weiß-Foto frisst ein nördliches Breitmaulnashorn Gras, während die Hand einer Person nach seinem Horn greift.

Paolos Bilder weisen einen starken Kontrast zwischen Licht und Schatten auf. „Meine Hauptlichtquelle ist ein Gegenlicht“, sagt er. „Ich mache meine Bilder gegen die Sonne.“ Die Nashörner werden oft als Silhouetten dargestellt, was Paolos kühnem kompositorischen Ansatz das gewisse Etwas verleiht. Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 28-70mm F2L USM Objektiv bei 28 mm, Verschlusszeit 1/500 Sek., Blende 1:8 und ISO 160. © Paolo Pellegrin

In einem mit einer Canon EOS R5 von Paolo Pellegrin aufgenommenen Schwarz-Weiß-Foto wirft ein nördliches Breitmaulnashorn einen Schatten, während es am Boden liegt.

Paolo wollte die Komposition für diese Bildreihe möglichst reduziert halten. „Ich wollte eine Verbindung zu ihrer inneren Ruhe aufbauen, weshalb ich nicht wollte, dass mir dabei formelle Vorgaben oder Kunst im Weg stehen“, erklärt er. Bei einigen Bildern ihrer Körper könnte man am Anfang glauben, dass man ein Gebirge betrachtet. Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 28-70mm F2L USM Objektiv bei 34 mm, Verschlusszeit 1/500 Sek., Blende 1:8 und ISO 200. © Paolo Pellegrin

Das Motiv bestimmt

Paolo reiste gemeinsam mit einem Journalisten nach Kenia, der die Story schrieb. Jeden Morgen stand er früh auf, da er wusste, wie der Tagesablauf der Tiere aussah. Es war brütend heiß. Die Nashörner nahmen lange Schlammbäder, um sich abzukühlen, fraßen Gras oder schliefen. Paolo war sehr angetan von den schlafenden Tieren.

„Sie wurden besonders in den Videos zum Herzstück“, verrät er. „Sie schlafen nie komplett ein. Sie sind kurzsichtig, hören aber unglaublich gut. Wenn sie schlafen, sind ihre Ohren immer aktiv.“

Sie schlafen nebeneinander. So können sie 360° der Umgebung abdecken, damit ihnen kein Geräusch entgeht, das auf Gefahr hindeuten könnte. Wenn sie schlafen, wird deutlich, dass sie aufeinander angewiesen sind. Dann sind sie verletzlich. „Es war wie ein Geschenk“, verrät Paolo.

In einem mit einer Canon EOS R5 von Paolo Pellegrin aufgenommenen Schwarz-Weiß-Foto steht ein nördliches Breitmaulnashorn nachts unter einem Baum, während links von ihm ein weiteres Nashorn sitzt.

Viele von Paolos Bildern wurden aus einer niedrigen Perspektive aufgenommen. Das ist der Fall, weil er sich in der Nähe der Tiere auf eine bestimmte Weise verhalten musste. Er musste sich möglichst nah am Boden halten, um die Tiere nicht zu erschrecken. Durch diese Perspektive konnte Paolo aber auch die Größe und das Charisma der Tiere betonen. „Es ist das Motiv, das die Fotografie bestimmt“, verrät er. „Was ich erfahre, was ich erlebe, was ich fühle, all das bestimmt, wie die Bilder aussehen werden.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 70-200mm F2.8L IS USM Objektiv bei 70 mm, Verschlusszeit 1/50 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 6400. © Paolo Pellegrin

Ein anderer Ansatz

Als die Nacht hereinbrach, begaben sich die Nashörner in einen anderen Bereich des Schutzgebiets. Am dritten oder vierten Tag des Shootings fragte Paolo die Ranger, ob er mit den Tieren mitgehen könne. Das Fotografieren in dieser Umgebung bot eine ganz andere Atmosphäre. „Vielleicht lag es an der Dunkelheit oder vielleicht lag es daran, dass es sich um ihren Lebensraum handelte“, erklärt er. „Es fühlte sich intensiver, unbändiger an.“

Auch andere Fotografen haben die Nashörner fotografiert, diese taten das jedoch tagsüber. Paolos nächtliche Aufnahmen boten eine weniger bekannte Perspektive. Die beeindruckenden Low-Light-Eigenschaften von Paolos Canon EOS R5 kamen in diesem Szenario richtig zum Zuge.

Zurückhaltende Aufnahmen

„Als Fotografen haben wir ein Rechteck, durch das wir die Welt betrachten“, so Paolo. „Jahrelang habe ich versucht, so viele Informationen, so viel Leben wie möglich in dieses Rechteck zu packen. Alle meine Mentoren setzten auf ausgefeilte, komplexe Kompositionen.“ Heutzutage verfolgt er den gegenteiligen Ansatz. „Es ist eine subtraktivere Art der Fotografie, die mehr der Bildhauerei ähnelt“, fährt er fort. „Du hast deinen Marmorblock und entfernst Stücke, damit das Wesentliche zum Vorschein kommt.“

Einige Bilder wurden als extreme Nahaufnahmen aufgenommen. Diese zeigen die Oberfläche der Haut der Nashörner mit kleinsten Details. „Das Bild wurde schon beinahe zu einer Art Landschaft“, verrät Paolo, der uns visuell an den Platz der Tiere in ihrer Umgebung erinnert.

Der Vulkan Fagradalsfjall in Island bricht aus; Lava strömt aus ihm heraus. Dieses Bild wurde von Paolo Pellegrin mit einer Canon EOS R5 aufgenommen.

„Einfachheit ist wirklich das höchste Ziel!“

Der italienische Fotojournalist Paolo Pellegrin spricht ganz offen über Fotografie und Storytelling und erklärt, wie das Canon EOS R System seine Arbeit weiterentwickelt hat.

Auch seine Ausrüstung war nicht komplex. Sie umfasste eine Canon EOS R5 und zwei Objektive: das Canon RF 28-70mm F2L USM und das RF 70-200mm F2.8L IS USM. „In 90 % der Fälle fotografierte ich mit dem RF 28-70mm F2L USM. Es ist mit Abstand das beste Objektiv, mit dem ich je gearbeitet habe. „Es ist unglaublich schnell, sieht echt super aus und hat eine tolle Textur.“

Mit diesem Setup schuf Paolo Arbeiten, die sowohl Porträts der Nashörner als auch beinahe abstrakte Nahaufnahmen ihrer Haut umfassen. Er bemühte sich, „Bilder zu schaffen, die ästhetisch ansprechend sind und sogar noch etwas mehr bieten. Sie sollten Gefühle für diese Tiere bei den Betrachtern auslösen.“

A northern white rhino lies on the grass in Ol Pejeta Conservancy in Kenya, filmed on a Canon EOS R5 by Paolo Pellegrin.

Videos

In den vergangenen Jahren experimentierte Paolo zunehmend mit Videos (siehe oben). „Die Fotografie schränkt dich sehr stark ein“, meint er. „Ein Teil der Macht der Fotografie kommt von ihren Grenzen, so muss sich der Betrachter nämlich aktiv einbringen. Einige Situationen wie Krieg, wo das Geräusch von Schüssen beispielsweise so erschütternd ist, kannst du jedoch mit Fotos einfach nicht wiedergeben.“

Das war eine dieser Situationen. „In den Bildern, in denen sie schliefen, wirkten sie gelassen. Videos sind jedoch besonders“, fährt er fort. „Du hörst das Summen kleiner Insekten, den Wind, der die Gräser und Blätter in Bewegung versetzt.“ Dank der Kombination aus Fotos und Videos konnte Paolo eine umfangreichere Story erzählen.

Die Hybridprodukte von Canon sind ideal für diesen vielschichtigen Multimediaansatz. „Zuerst besorgte ich mir eine Kamera, die über diese Eigenschaften verfügte“, erklärt Paolo. „Anfangs wusste ich nicht so recht, was ich damit tun sollte. Jede Generation wurde noch etwas benutzerfreundlicher. Du musst die Möglichkeiten nutzen. Die Weiterentwicklung der Fotografie und der Technologie gehen Hand in Hand. Jetzt gibt es diese Tools, die tolle Videos und tolle Fotos ermöglich. Ich muss schon sagen, das ist wirklich großartig.“

Am letzten der fünf Tage gewann Paolo das Vertrauen der Nashörner. Er konnte seine Hand ausstrecken und sie berühren. „Das war das Ende einer Reise, die mit einer physischen Berührung besiegelt wurde“, sagt er.

Ein nördliches Breitmaulnashorn frisst Gras. Es wurde in einem Schwarz-Weiß-Foto von Paolo Pellegrin gegen die Sonne von knapp über dem Boden aus mit einer Canon EOS R5 fotografiert.

„Wir leben im Anthropozän, jenem Zeitalter, in dem der Mensch die direkte Ursache für das Massenaussterben weltweit ist“, erklärt Paolo. „Aber es ist selten, dass man das Aussterben bekannter, charismatischer Fauna, wie dem nördlichen Breitmaulnashorn, miterleben kann. Das Verschwinden von Insekten oder kleinen Tieren, wie Vögeln, Nagetieren oder Fischen, kommt viel häufiger vor. Hier konnten wir es in Echtzeit miterleben.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 70-200mm F2.8L IS USM Objektiv bei 70 mm, Verschlusszeit 1/640 Sek., Blende 1:8 und ISO 250. © Paolo Pellegrin

Nicht alle von uns können diesen Tieren so nahe kommen. Durch diese Bilder können wir jedoch aus zweiter Hand erleben, welche Ehrfurcht sie erwecken. Beim Artenschutz geht es um Fürsorge. Das Artensterben kann abstrakt erscheinen und ist vielleicht nicht das Erste, an das eine Person denkt, denn in unserem Alltag sehen wir keine wilden Tiere. Eine Fotograf hat jedoch die Macht, die Geschichte, die Details und die Macht von wilden Tieren festzuhalten, um uns daran zu erinnern, uns für die verbleibenden Tiere einzusetzen. Für die nördlichen Breitmaulnashörner ist die Zeit abgelaufen. Aber Bilder, wie jene von Paolo, ermutigen uns dazu, uns für andere gefährdete Tiere einzusetzen, anstatt zuzusehen, wie sie für immer verschwinden.

Rachel Segal Hamilton

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